Freitag, 15. Februar 2013

Einzigartig: Historisches Kalkbrennen in Tarasp

Derzeit wird in Tarasp am Eingang zum Val Plavna Kalk nach historischer Tradition gebrannt- erstmals wieder seit 1937. Der Sgraffito-Künstler Joannes Wetzel, der im Herbst die Sgraffitos an der Chasa Diala erneuert hat, ist der Brennmeister. Die Federführung hat der Verwalter von Schloss Tarasp, der den nach alter Väter Sitte gebrannten Kalk für Restaurationsarbeiten im Schloss verwenden will. Der Branntkalk wird mit Wasser gelöscht (er ist ätzend und fängt bei Kontakt mit Wasser an zu kochen) und nach mehrjähriger Lagerung zusammen mit Wasser (Sumpfkalk) für den traditionellen Kalkmörtel, Kalkputz und den hellen Verputz der alten Engadinerhäuser verwendet. Nur mit Kalkputz kann man Sgraffitos machen.

Der Kalkofen aus dem 16. Jahrhundert (Quelle mündlich!) ist in den Hang hineingebaut. Wochenlang wurde innen ein Gewölbe aus Kalkstein gemauert, das dann mit Kalkbrocken überdeckt wurde. Der Kalkstein stammt von einer alten Fundstätte in S'Charl. Ein Geologe hat ihn geprüft, denn er muss möglichst rein sein.

Insgesamt wurde der riesige Ofen mit 60 Tonnen Kalkstein gefüllt. Da nicht aller Kalk gleichmässig durchbrennt, erhoffen sich die Auftraggeber ca. 12 - 15 Tonnen Branntkalk - der Rest ist Ausschuss.

Der Ofen wird seit gestern befeuert. Dazu sind insgesamt 100 Ster (Kubikmeter) Holz nötig, denn der riesige Ofen muss 7 Tage brennen: 3 Tage zum Aufheizen, und danach weitere 4 Tage bei über 1000 Grad Celsius, bis die gesamte Kalkmasse rotglühend ist. Dadurch tritt eine chemische Reaktion ein, dank der der Kalk zu Mörtel und Verputz verarbeitet werden kann.

Joannes hat seit einigen Tagen nicht geschlafen, denn das Aufheizen ist kritisch: durch die Hitze dehnt sich der Kalkstein aus und bewegt sich, und das kunstvoll gemauerte Gewölbe (ohne Mörtel, sonst würde es zerspringen) kann zusammenfallen. Dann war alles umsonst. Heute brennt der Ofen den zweiten Tag, und wir hoffen, dass alles gut geht ...Joannes hat einige Meter neben dem Kalkofen sein Zelt aufgeschlagen, denn er wird vor Ort schlafen - bei minus 20 Grad in der Nacht.

Weil seit dem Jahr 1937 im Engadin kein Kalk mehr gebrannt wurde, habe ich ganz viele Bilder gemacht, die ich nun einfach einstelle.

100 Ster Holz werden verbrannt - Wert über SFr. 3000.-.

Der Eingang zum Brennofen. Hier wird im Schichtbetrieb befeuert - 7 Tage lang.

Der Brennofen ist mit 60 Tonnen Kalk gefüllt und soll 12 - 15 Tonnen Branntkalk geben.




Joannes schläft vor Ort im Zelt.

Bereits herrscht eine Höllenhitze - ideal zum Würste braten!

Der Ofen wird mit einem einfachen Dach vor Schnee und Regen geschützt.

Festwirtschaft für die Gäste.

So sieht die ganze Anlage aus.

In dieser blauen Tonne ist Branntkalk für Demo-Zwecke - und darauf ein Becher mit gelöschtem Kalk.

Und hier wird der Kalk dereinst verwendet: bei Restaurationsarbeiten im Schloss Tarasp. Und übrigens: ich rieche gerade wie ein Rauchwürstchen ...

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