Sonntag, 13. Oktober 2013

Das Tal der röhrenden Hirsche

Im schönen, warmen, noch sommerhaften September sind meine Scuoler Freundin und ich am Morgen um 8.37 (Haltestelle Scuol Hotel Belvedère) mit dem Postauto ins Val Mingèr gefahren. Von dort aus gibt es eine wunderschöne und leichte, aber lange Wanderung um den Bergstock des Piz Pisoc herum durch den Nationalpark hinauf zur Fuorcla (Passhöhe) und dann hinunter ins Val Plavna.



Bereits wenige Schritte nach der Postautohaltestelle beginnt der Nationalpark. Man steigt langsam bergan durch einen verwunschenen Zauberwald, in dem man Feen und Elfen vermuten könnte. Dichtes Unterholz, grüne, mit Kräutern und Pilzen bewachsene Böden, Lichtungen, Waldwege, auf denen sich die Wurzeln wie urtümliche Kriechreptilien dahinschlängeln.



Langsam geht es talaufwärts, gut zwei Stunden lang, bis man den Rastplatz erreicht. Und die ganze Zeit ist man umgeben von Röhren der brünftigen Hirsche. Jeden Moment meint man, einen sehen zu können. Auf dem Rastplatz stehen Gruppen von Wanderern, mit Fernglas und Teleobjektiv bewaffnet, und haben den Eindruck, die Hirsche hätten nur auf sie gewartet. Nee, aber sicher nicht, wenn man erst nach 08.00 Uhr morgens aufbricht! Wer Hirsche beobachten will, muss vor der ersten Morgendämmerung los! Dann sind sie auf den Lichtungen und äsen. Die Schlafmützen sehen keine mehr, denn die Tiere haben sich gegen 11.00 Uhr längst unter die Bäume zurückgezogen.


Na ja, wenn man keinen Hirsch findet, macht man sich halt selbst dazu. Die Utensilien findet man auf dem Weg zur Passhöhe - einen Baum mit zwei Ästen, die man als Geweih drapieren kann. Na ja, ist halt kein 12-ender...


Auf der Passhöhe dann der Blick auf die eindrücklichen Berge des Val Plavna. Schmal und abschüssig geht es hinunter ins Tal. Die Alphütte war schon geschlossen, dafür war eine Jagdgesellschaft dort. Wir sassen am Nebentisch und hörten dem Jägerlatein zu. Anscheinend hat doch einer eine Kuh geschossen! Künstlerpech!


Das Val Plavna ist über weite Strecken eine Steinwüste, der Bach sucht sich unterirdisch seinen Weg. Deswegen haben wir die Wanderung auch nicht im Sommer gemacht; es werde im Tal unerträglich heiss. Sind wir hier wirklich in der Schweiz, oder doch in Kanada?


Nach ca. 4 Stunden angenehmer, leichter Wanderung durch's Val Plavna steigt man ab nach Tarasp mit seinem schönen Schloss. Von dort aus geht's mit dem Postauto urück nach Scuol. Achtung, keine Verpflegungsmöglichkeit bis Tarasp! Essen und vor allem Getränke mitnehmen; es gibt keine Brunnen auf dem Weg.


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